Presse 1990 - 1999

199x-11-07

Kunst zwischen Denkmälern und experimenteller Bebauung

Zentraler Platz auf dem VKS-Gelände soll „Mittler" sein

Delmenhorst (mas). „Der Platz soll Mittler sein zwischen Vergangenheit und Gegenwart." Mit diesen Worten beschrieb Oberstadtdirektor Willi Schramm in seiner Funktion als zuständiger Kulturdezernent die Aufgabe, die er dem sogenannten zentralen Platz auf dem Gelände der Vereinigten Kammgarnspinnereien (VKS) zugedacht hat. Das von Jürgen Knapp künstlerisch gestaltete Areal direkt neben dem geplanten Industriemuseum wurde im Beisein zahlreicher Gäste gestern vormittag von Oberbürgermeister Jürgen Thöke seiner Bestimmung übergeben.

Thölke gestand vor den Zuhörern ein, daß er zur Einweihung der „hervorragenden Einrichtung" angesichts der auf dem VKS-Gelände in früherer Zeit verlorengegangenen Arbeitsplätze mit zwiespältigen Gefühlen gekommen sei. Der Oberbürgermeister wünschte dem künstlerischen Kleinod inmitten von denkmalgeschützter Substanz und neuen Wohn baute n, daß es im Volksmund bald einen Namen erhält.

Wie Willi Schramm konstatierte, habe sich früher kaum jemand vorstellen können, was neben dem noch zum Industriemuseum umzufunktionierenden Turbinenhaus entstehen soll. Die ursprünglichen Planungen von Professor Stracke, bezog sich der langjährige Kulturdezernent auf das von Stracke für das ehemalige Industrieareal ausgearbeitete Nutzungskonzept, wären ohne die Person von Jürgen Knapp inhaltslos geblieben. Jürgen Knapp — er hat bereits den „Tänzer" in der Fußgängerzone geschaffen — wurde den Worten Schräm ms zufolge auch deshalb mit der Gestaltung des zentralen Platzes beauftragt weil er auf dem VKS-Gelände lebt und arbeitet.

Einerseits hat der Künstler Fragmente der industriellen Vergangenheit wie beispielsweise eine eiserne Wendeltreppe in den Platz integriert, andererseits ausreichend Frei räum geschaffen, um das Kleinod als Treffpunkt oder Veranstaltungsort zu nutzen. Willi Schramm sprach davon, daß auf dem neuen Platz kleinere Veranstaltungen wie Theatervorführungen oder Musiktreffen denkbar wären.

Etwa 200 000 Mark hat die Schaffung des zentralen Platzes verschlungen, erläuterte der Oberstadtdirektor auf eine entsprechende Frage. Der Großteil der Kosten steckt in Arbeiten wie die Einebnung, Entwässerung und Pflasterung des Areals. Zu den Kosten, von denen die Stadt 25 Prozent getragen hat, kamen Zuschüsse aus dem experimentellen Städtebau. Das Land beteiligte sich ebenfalls mit 25 Prozent und der Bund mit 50 Prozent.

Zur Übergabe des Platzes war sowohl das benachbarte Turbinenhaus zu besichtigen als auch das in unmittelbarer Nähe befindliche Technologie-Zentrum Delmenhorst (TZD), Zur Unterhaltung spielten vormittags die Delmetaler und nachmittags die Musikschulgruppe Jazz-Train. Außerdem wurde im Turbinenhaus das Schauspiel „Ein Bericht für eine Akademie" (Franz Kafka) gezeigt.

"Weser Kurier"

Jürgen KnappDer von Jürgen Knapp gestaltete zentrale Platz auf dem VKS-Gelände war am Sonnabend Treffpunkt für geladene Gäste und Schaulustige. Anlaß war die Einweihung des künstlerischen Kleinods durch Oberbürgermeister Jürgen Thölke. (mas)

1990-03-06

Die Industriekultur zerschnitten in kleinkarierte Wohnbebauung

Mit dem „Aus" für die Sheds verliert Bildhauer den „Arbeitsplatz"

kdz Delmenhorst. Die Lage der Delmenhorster Bildhauer ist miserabel. Räumlichkeiten oder Ateliers gibt es kaum. Letzte Möglichkeit für den Bildhauer Jürgen Knapp (Foto), seine Materialien zu lagern und an Werken zu arbeiten, ist unter den Dächern der noch verbleibenden Sheds. Im ersten, dem direkt an das Turbinen hau s angrenzenden Shed, stellt ihm die Stadt seit acht Monaten einige Quadratmeter zur Verfügung, allerdings nur für die bloße Unterbringung der Gegenstände, arbeiten darf er dort nicht.

Doch welchem Künstler kann und darf man „unter Delmenhorster Umständen" schon die Hände in Ketten legen. Jürgen Knapp, der sich seit langem um ein akzeptables Atelier bemüht und sich „nicht in nasse Garagenlöcher stecken lassen will", arbeitet im Shed Nummer eins illegal. Mit dem Abriß der Shed reihen steht er wieder ein-mal auf der Straße. Im letzten Jahr kündigte ihm die Delme-AG seine angemieteten Werkräume, da auch diese unter die Fallbirne kommen sollten. Knapp durfte in die Halle F (erstes Shed) umsiedeln, unter der von der Stadt gestellten Bedingung, niemals Ansprüche zu erheben. Seine alten Werkräume stehen noch, so daß ihm nun wiederum angeboten wurde, dahin zurückzugehen. Doch dort sieht es mittlerweile wüst aus. „Die Räumlichkeiten sind durch Vandalismus zerstört. Auf einem Gelände, wo die Menschen so eng aufeinander wohnen und keinen Ausgleich haben, spürt man die Aggressionen sehr stark. Auch die gesamte Fensterfront eines Sheds wurde erst kürzlich zertrümmert", erzahlt Knapp.

Als ideale Voraussetzung für ein Bildhauer-Atelier bezeichnet der Künstler die Verhältnisse im Sheddachbereich. Gutes Licht, hohe Räume, viel Platz seien Kriterien, die gerade in Delmenhorst sonst nicht erfüllt würden.

Zu dieser Situation haben die verantwortlichen Politiker/innen wohl keinen rechten Zugang. Stadtbaurat Klaus Keller und die Vorsitzende des Kulturausschusses Elly Helmers-Flügger wußten nicht einmal, daß Knapp im ersten Shed untergebracht ist. „Jürgen Knapp berührt die Entscheidung, daß die Sheds abgerissen werden, nicht. Sein Atelier liegt dahinter", erklärte Elly Helmers-Flügger in der Pressekonferenz zu dem Beschluß des Bau- und Kulturausschusses in der letzten Woche. Gleich zweierlei ist falsch. Erstens liegt sein Atelier seit acht Monaten nicht mehr dahinter und zweitens berührt ihn der Abriß im Innersten. „Es sind zu viele Schritte in die falsche Richtung gemacht worden. Das beginnt bei dem Planungskonzept, nach dem die Industriekultur in kleinkarierte Wohnbebauung zerhackt wird.

Es wird willkürlich in das Gewachsene eingeschnitten und gehofft, daß von dem Erhaltenswerten dann zufällig noch was stehen bleibt. Wo ist da noch der Anspruch, ein lebendiges Museum zu verwirklichen?" fragt Jürgen Knapp. Seiner Meinung nach wäre dieses Gelände dafür prädestiniert, Kultur, Kunst, Arbeit und Wohnen unter ein Dach zu bekommen, aber auch in einem angemessenen Verhältnis: „Für die hier Wohnenden müssen Ausgleiche geschaffen werden. Kindergärten, Werkstätten, Versammlungsräume sind in einem derartigen Ballungsgebiet notwendig. Später wird man wahrscheinlich diesen Räumlichkeiten hinterhertrauern. Auch für die künstlerische Existenz, die sich hier immer zwischen Abbrüchen bewegt, wäre es eine Chance gewesen, Fuß zu fassen und die Ästhetik und Kultur in diesem Bereich zu fördern. Schade, daß das nicht möglich ist".

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappFoto: Schilling

1990-06-15

Trotz Bedenken bei Behörde: Die umkämpften Sheds fallen

Erlaubnis mit Vorbehalt für den Abbruch der alten Wollkämmerei

c.w. Dehnenhorst. Dem Abbruch der kommunal politisch lange umkämpften Shed-Reihen als Teil der historischen Industriegebäude auf dem Nordwolle-Gelände steht nun nichts mehr im Wege. Allerdings nur unter deutlich mahnenden Vorbehalten hat die - Landesbehörde für Denkmalpflege der Stadt die Erlaubnis zum Abriß der alten Wollkämmerei gegeben, von der lediglich die sechste Shed-Reihe zur Erweiterung des Industriemuseums erhalten bleiben soll.

zfristig die Abbruchgenehmigung erteilen und damit die geplante Wohnbebauung auf dem mehrere hundert Quadratmeter großen Hallengelände einleiten. Die Baumaßnahmen auch zur Erweiterung des Museums könnten, wenn Firmenkapazitäten dafür frei seien, in wenigen Wochen beginnen.

Völlig reinen Gewissens kann die auch im Stadtrat bis zuletzt umstrittene, aber mehrheitlich mitgetragene Entscheidung über das Schicksal der Kämmerei indes kaum gefallt werden. Denn die Bezirkskonservatorin Wibke Dreeßen gibt in ihrem Einverständnis-Bescheid zu bedenken, daß die Sheds aus denkmalpflegerischen Gründen erhaltenswert wären, wenngleich die Vorgaben der Stadt - das städtebauliche Konzept für die Nordwolle und die Finanzlasten einer Shed-Erhaltung - sie letztlich zu einer Abrißerlaubnis veranlaßten.

Die Expertin trägt ihre Bedenken auch in der Frage an die Stadt vor, ob nicht der Abbruch der Sheds aufgeschoben werden konnte bis zur völligen Klarheit über das umgehend zu erarbeitende Konzept für das Industriemuseum. Schramm hält diese Überlegung für überholt: „Das Museumskonzept steht, und für dies Konzept ist die Verwendung der Shed-Reihen nicht notwendig." Eine an das Turbinenhaus, den Kern des Museums, angrenzende Shed-Reihe bleibe ja erhalten.

„Das wird viel zu teuer", sagte Schramm zu Vorschlägen etwa des Förderkreises Industriemu-seum, die anderen Sheds mindestens teilweise als dringend benötigte Ausstellungs- und La-gerfläche für die Museumsgüter oder auch für kulturelle Zwek-ke zu bewahren. Der Verwal-tungschef gab die Erhaltungskosten je Shed mit rund 1,4 Millionen Mark an, die allerdings als Sanierung s projekt von Bund und Land zu je einem Drittel übernommen würden. Der Förderverein bezweifelt diese Kostenberechnung.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen Knapp Diese Sheds werden abgerissen. Nur die Reihe ganz links, in der Bildhauer Jürgen Knapp (im Vordergrund) noch sein Arbeitsdomizil hat, bleibt stehen. Foto: Lampe

1990-03-06

Requiem für die Sheds: Künstler sind schockiert

Knapp-Atelier nachts mit Atemschutz geräumt

von Ilse Wittenburg

Delmenhorst. Ein Bild der Zerstörung und Ratlosigkeit boten gestern die Shed-Hallen auf dem VKS-Gelände, wo am Abend zuvor mit dein Abbruch begonnen worden war. Bis spät in die Nacht hinein und bereits am frühen Morgen harrten Mitglieder des Fördervereins Indu-striemuseum, Delmenhorster Künstler und andere Gegner der Abriß maßnähme am Ort der makabren Szenerie aus, als wollten sie die historische einstige Produktionshalle in ihren letzten Stunden nicht allein lassen.

Wie ein Requiem wirkte da die improvisierte Session der Musiker Tanja Schöfer (Saxophon) und Ludger Hennig (Baß), die das Vorgehen der Bagger mit einem monotonen Abgesang begleiteten. Ludger Hennig aus Bookholzberg wurde eher zufällig Zeuge des Geschehens: Er war in die Shed-Halle gekommen, weil ihn die Akustik faszinierte und die Nachbarschaft zu den Kollegen der bildenden Kunst inspirierte. Dieser Nachbarschaft setzte nun die Abrißbirne ein jähes Ende; Der Bildhauer Jürgen Knapp, der einen Teil der Shed-Hallen als Arbeitsfläche nutzte, wurde ohne Vorwarnung von dem Abbruch-Kommando überrascht. Er saß mit seiner Familie beim Abendbrot, als er die Bagger heranrollen sah.

Hals über Kopf und bei Dunkelheit mußte er am Dienstagabend sein Atelier räumen. Jürgen Knapp: „Ich war schlichtweg schockiert. Zumal mir Mitarbeiter des Abbruchunternehmens noch am Abend versicherten, ich hätte mit dem Ausräumen bis zum Morgen Zeit, aber dann bereits nach einer halben Stunde die Mauer durchbrachen". Panik auch wegen der extremen Staubentwicklung, die das Ausräumen nur mit Atemschutz möglich machte, Ersatzraum wurde für den Bildhauer bis heute nicht geschaffen, und so stand gestern ein Teil der halbfertigen Skulpturen im Regen, deuteten die hastig zusammengeschobenen Materialien auf den überstürzten Aufbruch hin. Unbeeindruckt von diesem Abgesang schien nur die „Liegende" aus rotem Travertin zu bleiben, die ihren versteinerten Blick auf das klaffende Loch in der Shed-Halle richtete. Vorerst unbearbeitet muß nun wohl der zweite wertvolle Travertin block neben ihr bleiben, der dem Bildhauer aus Persien geliefert wurde.

Zwar wurde von Oberstadtdirektor Willi Schramm, der noch am Abend des Abrißbeginns von dem aufgebrachten Künstler auf das VKS-Gelände gerufen wurde und der selbst beim Verladen wichtiger Inventarstücke mithalf, eine erste Atelier-Alternative genannt, sie scheint aber für die Arbeit Jürgen Knapps wenig geeignet und wurde deshalb verworfen. Spontan reagierten die Kollegen Matthias Spieker und Harald Liebig gestern auf die Nacht-und-Nebel-Aktion: Sie markierten die Wunde im „Shed-Gebiß" mit einer blauen Stoffbahn.

Andere protestierten gegen das Zerstörungswerk, indem sie ihre Autos inmitten der „Gefahrenzone" parkten und bewirkten damit zumindest ein vorläufiges Stop der Arbeiten. Mit enttäuschter Sprachlosigkeit reagierten die Mitglieder des Fördervereins Industriemu-seum, die bis zuletzt gegen den Abriß des Ar bei ts-De n k in als gekämpft hatten, die Vorsitzende Elena Schöfer half noch spät in der Nacht bei der Räumung des Ateliers. Museums planer Hans-Hermann Precht war gestern stundenlang unterwegs, um sich zu vergewissern, daß für das Industriemuseum vorgesehene Bauteile nicht unter den Schuttm assen  vergraben werden.

„Ein trauriger geschichtlicher Augenblick für die Stadt", kommentierte Barbara Alms, Leite-rin des Hauses Coburg. die Abrißaktion. „Schließlich wird damit ein zentrales Baudenkmal dezimiert, und das Verschwinden von geschichtlicher Identität ist immer eng mit dem Leben einer Stadt verbunden."

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappDer Bildhauer Jürgen Knapp in seinem Atelier. Foto: Schilling

1990-06-15

Trotz Bedenken bei Behörde: Die umkämpften Sheds fallen

Erlaubnis mit Vorbehalt für den Abbruch der alten Wollkämmerei

c.w. Dehnenhorst. Dem Abbruch der kommunal politisch lange umkämpften Shed-Reihen als Teil der historischen Industriegebäude auf dem Nordwolle-Gelände steht nun nichts mehr im Wege. Allerdings nur unter deutlich mahnenden Vorbehalten hat die - Landesbehörde für Denkmalpflege der Stadt die Erlaubnis zum Abriß der alten Wollkämmerei gegeben, von der lediglich die sechste Shed-Reihe zur Erweiterung des Industriemuseums erhalten bleiben soll.

Das Rathaus will, wie Oberstadtdirektor Willi Schramm sagte, kurzfristig die Abbruchgenehmigung erteilen und damit die geplante Wohnbebauung auf dem mehrere hundert Quadratmeter großen Hallengelände einleiten. Die Baumaßnahmen auch zur Erweiterung des Museums könnten, wenn Firmenkapazitäten dafür frei seien, in wenigen Wochen beginnen.

Völlig reinen Gewissens kann die auch im Stadtrat bis zuletzt umstrittene, aber mehrheitlich mitgetragene Entscheidung über das Schicksal der Kämmerei indes kaum gefallt werden. Denn die Bezirkskonservatorin Wibke Dreeßen gibt in ihrem Einverständnis-Bescheid zu be-denken, daß die Sheds aus denkmalpflegerischen Gründen erhaltenswert wären, wenngleich die Vorgaben der Stadt - das städtebauliche Konzept für die Nordwolle und die Finanzlasten einer Shed-Erhaltung - sie letztlich zu einer Abrißerlaubnis veranlaßten.

Die Expertin trägt ihre Bedenken auch in der Frage an die Stadt vor, ob nicht der Abbruch der Sheds aufgeschoben werden konnte bis zur völligen Klarheit über das umgehend zu erarbeitende Konzept für das Industriemuseum. Schramm hält diese Überlegung für überholt: „Das Museumskonzept steht, und für dies Konzept ist die Verwendung der Shed-Reihen nicht notwendig." Eine an das Turbinenhaus, den Kern des Museums, angrenzende Shed-Reihe bleibe ja erhalten.

„Das wird viel zu teuer", sagte Schramm zu Vorschlägen etwa des Förderkreises Industriemu-seum, die anderen Sheds mindestens teilweise als dringend benötigte Ausstellungs- und La-gerfläche für die Museumsgüter oder auch für kulturelle Zwek-ke zu bewahren. Der Verwal-tungschef gab die Erhaltungskosten je Shed mit rund 1,4 Millionen Mark an, die allerdings als Sanierung s projekt von Bund und Land zu je einem Drittel übernommen würden. Der Förderverein bezweifelt diese Kostenberechnung.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappDiese Sheds werden abgerissen. Nur die Reihe ganz links, in der Bildhauer Jürgen Knapp (im Vordergrund) noch sein Arbeitsdomizil hat, bleibt stehen. Foto: Lampe

1990-06-28

Sheddachabbruch auf VKS-Gelände für alle vollkommen überraschend

Bildhauer brachte unter Mithilfe des Oberstadtdirektors seine Habe in Sicherheit

Delmenhorst (mas). Beim Abriß weiterer Produktionshallen gestern auf dem VKS-Gelände mag vom Verfahren her zwar alles mit rechten Dingen zugegangen sein, doch die Terminierung des Abbruchs von insgesamt fünf Sheddachreihen nahe des künftigen Industriemuseums dürfte bei Gegnern und Befürwortern gleichermaßen einen üblen Beigeschmack hinterlassen. Ausgerechnet als sich die SPD-Mehrheitsfraktion anschickte, einen Aufschub der Maßnahme im Verwaltungsausschuß zu bewirken, waren die unter Denkmalschutz stehenden Sheds bereits dem Erdboden gleichgemacht worden, womit der wiederholten Debatte des umstrittenen Themas jegliche Grundlage fehlte. Dabei hatten Befürworter und Gegner des Vorhabens lange darum gestritten, ob die Sheddachreihen teils für das benachbarte Industriemuseum, teils für anderweitige kulturelle Zwecke genutzt werden können, oder ob sie der in diesem Areal geplanten Wohnbebauung weichen müssen.

Zwei Jahre hat das Hin und Her gedauert, waren Pro- und Kontra-Argumente auf politischer Ebene ausgetauscht worden, bevor am Dienstagabend völlig überraschend die ersten Abrißarbeiten in Angriff genommen wurden. Es war purer Zufall, daß der seit Jahr und Tag auf dem VKS-Gelände ansässige Bildhauer Jürgen Knapp davon erfuhr. In aller Windeseile mußte Knapp Arbeiten, die er mit Genehmigung der Delme AG in einem der Sheds untergebracht hatte, wegschaffen. Dabei half ihm Delmenhorsts Oberstadtdirektor höchstpersönlich. Mit einem Mundschutz gegen den — durch den Abriß — aufgewirbelten Staub geschützt, packte Willi Schramm mit an. Wie der Oberstadtdirektor dazu erklärte, muß Knapp ihm die vertrakte Situation noch Dienstagabend geschildert haben, worauf Schramm selbst Hand anlegte.

Dennoch will der Oberstadtdirektor nicht von einem plötzlichen oder überhasteten Abbruch der Sheddachreihen sprechen. Der politische Beschluß, die Sheds dem Erdboden gleichzumachen, sei bereits im März gefaßt worden, entgegnete der Verwaltungschef auf eine diesbezügliche Frage. Wie er weiter erläuterte, liegt das von der zuständigen Denkmalschutzbehörde in Oldenburg zu erteilende Einverständnis für den Abbruch seitdem 11. Juni vor, woraufhin die Stadt ihrerseits der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft den Abriß am 18. Juni genehmigt habe. Die GSG allerdings will davon erst am vergangenen Donnerstag erfahren und tags darauf den Auftrag dazu vergeben haben.

Fakt ist jedenfalls, daß Dienstagabend die Abbruch arbeite n in Angriff genommen wurden und gestern schon großteils erledigt waren. Für die Vorsitzende des Förderkreises Industriernuseum DeImenhorst Elena Schöfer ein herber Schlag. Die frühere Ratsfrau, die bekanntlich aufgrund der bisherigen Haltung der SPD-Fraktion in Sachen Sheddachabbruch das Handtuch geworfen hatte, zeigte sich sichtlich betroffen. Da hatten die Sozialdemokraten ihren bereits gefaßten Abriß-Beschluß noch in der Fraktionssitzung Montagabend umgestoßen, und dennoch wurden die alten Produktionshallen auf dem VKS-Gelände plattgemacht.

Der Stadt Delmenhorst schrieb Elena Schöfer ins Stammbuch, daß sie den einzigartigen Wert des VKS-Geländes als Denkmal nicht erkannt und es zudem versäumt habe, das Ensemble als solches zu bewahren. Außerdem habe sich die Kommune ihrer einmaligen Möglichkeit beraubt, die althergebrachte Produktionsweise in der Textilindustrie in ihrem künftigen Museum auf dem VKS-Gelände sinnvoll darzustellen.

"Weser Kurier"

Jürgen KnappNur ein riesiger Haufen Schutt ist übriggeblieben von den fünf Sheddachreihen, die der Abrißbirne zum Opfer gefallen sind. (mas)

1995-12-29

Im Eiltempo zum Museumsstart

Baulicher Endspurt im Fabrikmuseum - Forum für Kultur-Highlights

iwi Delmenhorst. Der Start des Fabrikmuseums und die Teileröffnung des Stadtmuseums auf der Nordwolle sind parallel zum 625. Stadt Jubiläum im kommenden Jahr Anlässe für zahlreiche kulturelle Highlights, die sich zum großen Teil auf Schauplätze des Wolle-Areals konzentrieren.

Bevor es im September im ungewöhnlichen Ambiente von Turbinenhaus, Shedbereich und Museumskino zu einem Wiedersehen mit dem Jazz-Altmeister Albert Mangelsdorff und dem Pianisten Nikolaus Lahusen kommt, wird im Eiltempo an der Einrichtung der Ausstellungsräume gearbeitet. So ist der Delmenhorster Künstler Jürgen Knapp (Foto), der übrigens auch einen Bezug zur Wolle hat, weil er in einem Haus am alten Nordausgang der Fabrik lebt, in diesen Tagen mit der Rekonstruktion der Konzern-Fassade beschäftigt. Als Architekturzitat wird in einem Kabinett des Shedtraktes der Eingang zum sogenannten „Haus des Reiches" in Bremen nachgebaut, einst Nordwolle-Zentrale, heute Sitz der Bremer Senats für Finanzen.

Bereits im Juni wird nebenan die erste Abteilung des Stadtmuseums mit einer sechswöchigen Sonderausstellung zum 625. Stadtjubiläum eröffnet. Der Arbeitstitel der ersten Ausstellungseinheit, zu dem später die Kapitel Migration, Werkbundstadt und Zukunftsperspektiven hinzukommen, lautet „Glanz und Niedergang von Burg und Stadt Delmenhorst 1259 bis 1712".

Auch die Sanierung dieses zweiten Museums-Domizils ist noch nicht abgeschlossen: Für 250.000 Mark werden im ersten Halbjahr 1996 die schadhafte Decke der ehemaligen Lichtstation renoviert, Elektroanlagen installiert und das Ausstellungsmobiliar eingebaut.

Die Kosten für das teileröffnete Stadtmuseum belaufen sich im nächsten Jahr insgesamt auf 340.000 Mark. Für das im Herbst startende Fabrikmuseum    wurden 686.000 Mark veranschlagt. Mit Eintrittsgeldern, Führungen und Katalogverkauf soll die neue Kulturadresse der Stadt schon in der Startphase 16000 Mark einbringen.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappDer Künstler Jürgen Knapp gestaltet die bauliche Inszenierung zur Konzerngeschichte. Foto: Schilling

1996-04-02

30 Zentner Gips verarbeitet

Bildhauer Jürgen Knapp baute aufwendiges Ausstellungsstück für Fabrikmuseum

Delmenhorst (bf). Wer vor dem gewaltigen Portal sieht, kommt sich richtig klein vor: Um die schwere Messingtür zu öffnen, ist schon ein erheblicher Kraftaufwand vonnöten. Ist dieser Schritt geschafft, schaut man sofort auf eine große Uhr, die scheinbar mahnend den Betrachter zur Pünktlichkeit aufruft. Allerdings führt diese Tür ins Nichts - sie ist Ausstellungsstück Im Fabrikmuseum, das im September eröffnet wird.

Für einige Monate hatte der Delmenhorster Bildhauer Jürgen Knapp diesen einen Raum innerhalb des Fabrikmuseums zu seinem Atelier umfunktioniert. Im Herbst vergangenen Jahres halte er den Auftrag erhalten, den ehemaligen Personaleingang der Verwaltungszentrale der Nordwolle in Bremen nachzubauen. Anhand von Zeichnungen, die der Museumsgestalter Peter Gössel erstellt hat, und dem Eindruck von eigenen Stippvisiten beim Original begann Jürgen Knapp mit der Arbeit.

Die jeweiligen Formen hat er selbst angefertigt, um anschließend die einzelnen Baukörper in Gips zu modellieren. Insgesamt hat Knapp 30 Zentner Gips verarbeitet. Der Torbogen ist vier Meter hoch und breit, an beiden Seiten sorgen jeweils zehn Quader aus Gips für die Wuchtigkeit. Die Oberflächen der Quader hat Jürgen Knapp so bearbeitet, daß sie dem Original aus Sandstein ziemlich nahe kommen. Zwei Konsolen mit Schafsköpfen „tragen* scheinbar das Dach. Die fast zwei Meter breite und knapp drei Meier hohe Messingtür haben Kunsthandwerker aus Münster erstellt. Jürgen Knapp hat diese Arbeit unglaublich viel Spaß gemacht, „So etwas wird selten gebaut", begründet er seine Freude an diesem Werk. Mit der Gestaltung ist er dem Anspruch gerecht geworden, ein Imitat herzustellen, welches dem Original gleich kommt. „ Das Tor ist eine der aufwendigsten Ausstellungsarbeiten", erläutert der Leiter des Fabrikmuseums. Hans-Hermann Precht.

Gemeinsam mit Peter Gössel hatte sich Precht vor Jahren vorgenommen, die Hauptfassade der ehemaligen Verwaltungszentrale - heute residiert dort das Finanzamt - nachzubauen. Eine wichtige Hilfestellung erhielten die beiden durch Axel Vos, der im dem Gebäude für die Denkmalspflege und Instandsetzung verantwortlich ist. Er führte Precht und Gössel durch das Haus, stellte Pläne und Zeichnungen zur Verfügung. Bei einer Ortsbesichtigung stellte sich jedoch heraus, daß der Haupteingang zu groß ist und im Nachbau wie eine Karikatur gewirkt hätte. Daher entschieden sie sich für den Seiteneingang Rövekamp, dem ehemaligen Eingang für das Personal. Neben diesem soll noch ein weiteres Detail erstellt werden: die mit Intarsien versehene Wand des früheren Konferenzraumes.

Sowohl der Personaleingang als auch die Wand werden in einem Raum innerhalb des Fabrikmuseums erstellt, in dem der Konzernzusammenbruch und die Geschichte der Fabrik dokumentiert werden. Wenn das Museum im September eröffnet wird, können die Besucher die Materialität spüren, die allein von diesen beiden Details ausgeht.

Einige Änderungen zur Erstausgabe gibt es allerdings: Die originale Messingtür hat kein Gitterwerk. Sie war zwar in der damaligen Zeichnung, ist aber nie ausgeführt worden, erklärt Hans-Hermann Precht, Ferner ist die Fassade aus Oberkirchner Sandstein erstellt worden. Dabei handelte es sich um ein feines Material, das in Bremen sehr beliebt war. Durch den gelblichen Stich ergibt sich für den Betrachter ein angenehmes Farbenspiel.

Zwischen 1928 und 1930 hat der Nordwollekonzern in Bremen dieses Verwaltungsgebäude gebaut, das von der Größe und vom Typus her sämtliche Bremer Maßstäbe gesprengt hat. Geplant wurde es von den Architekten Eberhard und Hermann Gildemeister. Der Bau war noch nicht ganz abgeschlossen, als die Verwaltung der Nordwolle 1330 dort einzog. Ein Jahr darauf ging der Konzern in Konkurs. 1934 wurde das Gebäude dem Deutschen Reich, genauer, dem Deutschen Reichsfinanzministerium in Berlin, übereignet. Dort hat das Reich seine Finanzämter konzentriert. Seitdem heißt das Gebäude in Bremen auch „Haus des Reichs".

"Weser Kurier"

Jürgen Knapp Mittlerweile hat Jürgen Knapp sein Atelier im Fabrikmuseum geräumt, seine Arbeiten sind abgeschlossen und die Fassade ist fertig. Doch bis sich die Delmenhorster dort umsehen können, müssen sie sich noch etwas gedulden - im September wird das Museum eröffnet. bf/Foto: Helga Berger

1999-01-14

Atelier schließt Baulücke auf der Wolle

Knapp verbindet Existenzgründung mit künstlerischer Perspektive

khm Delmenhorst. Ein ungewöhnliches Bauvorhaben wächst seit Montag mit Hilfe eines Kranes und präzis zugeschnittenen Fertigteilen an der Pappelstraße in die Höhe. Am morgigen Freitag will Bauherr Jürgen Knapp, der bisher gleich nebenan im früheren Nordwolle-Pförtnerhaus oder openair ein eher beengtes Bilderhauer-Dasein fristete, bereits Richtfest in seiner neuen, großzügig dimensionierten Künstlerwerkstatt feiern, die auch Platz für ei-nen Lehrling und andere Gestalter schaffen wird.

Eine Lohner Baufirma errichtet zwischen seiner Wohnung, dem anschließenden, bald renovierten Widder-Portal und dem benachbarten, mit Wohnungen aufwarteten Transformatorgebäude ein 86 Quadratmeter großes Haus, das eine Holzständerkonstruktion auf Niedrigenergiebasis mit historischen Attributen wie alter Ziegelfassade und Sheddach verbinden wird.

Die insgesamt 8000 roten Ziegelsteine wurden aus Schutthalden des Nordwolle-Areals gesammelt und Stück für Stück von Mörtelresten befreit. Die charakteristischen Steinzeugen werden an der Stirnseite des Gebäudes vorgemauert und mit dem Kontrast von Blechverkleidungen korrespondieren.

Dank Bundesmitteln konnte sich Knapp den langgehegten Traum einer Existenzgründung erfüllen. Die Steinmetz- und Bildhauerwerkstatt wird neben dem ebenerdigen Atelier mit hohem Glasdach auch Sozialräume, Büro, Küche und einen Gästeraum auf zwei Ebenen beinhalten.

Kreativkurse für Schulen und andere Interessenten will Knapp zusätzlich angebieten und das Haus auch unter dem Expo-Gesichtspunkt als „offenes Atelier“, als Begegnungsort, verstanden wissen, der Besuchern Blicke in künstlerische Arbeitsweisen eröffnet. "

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappAn der Pappelstraße entsteht das Atelier von Bildhauer Jürgen Knapp Foto: Schilling

1999-07-10

Forum für die Bildhauerkunst

Jürgen Knapp mit neuem Atelier am Pappelhof - Sonntag geöffnet

khm Delmenhorst. Die schräge Glasdachfront zur Nordseite ist markant, das Zusammenspiel von Metall und alten Roisteinfronten (vom Hansa-Gelände) auch. Drinnen herrscht dagegen noch viel freie Fläche. Das luftige, rund 85 Quadratmeter große Atelier des Bildhauers Jürgen Knapp (mit weiteren Nebenräumen und ungewohnter Raumhöhe) wurde gestern am Pappelhof, am Rande der Nord wolle neben dem Widdertor, eröffnet.

Neben vielen Künstlerfreunden nutzten auch der zukünftige Kulturdezernent Bernd Müller-Eberstein und Stadtbaurat Klaus Keller die Gelegenheit, das mit ihrer Unterstützung vorangebrachte Projekt zu besichtigen. Barbara Alms, Leiterin der Städtischen Galerie, sprach aus, was viele Förderer vom Neubau erhoffen: Ein Zentrum der Bildhauerkunst, eine richtige Bildhauerschule. Knapps Weggefährte Christian Vollbach vom Oldenburger Künstlerhaus Jan Oeltjen skizzierte, was hier künftig am Pappelhof möglich sein wird. Nicht nur Atelier, Ver-kaufsraum oder künstlerische „Liebeshöhle" solle das Haus werden, sondern auch Ort des Herzens, der Neugier und der Unruhe, wie es Axel Eggebrecht einmal rcsümmierend auf Freundschaften zwischen Künstlern und Kunstfreunden in den 20er und 30er Jahre ausgedrückt hatte.

Für Jürgen Knapp endet mit dem Atelier ein Wohn- und Arbeitsprovisorium in direkter Nachbarschaft. Er selbst möchte sein neues Atelier einem breiten Interessentenkreis öffnen. Eine Auszubildende fängt im September an. Töpferkurse für Anfänger und Fortgeschrittene sind wie Ausstellungen von anderen Künstlern in Vorbereitung. Am Sonntag kann das Atelier erstmals besichtigt werden.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappBei der Eröffnung des Ateliers konnte Jürgen Knapp (rechts] auch den zukünftigen Kulturdezernenten Bernd Müller-Eberstein (links, hier mit Peter Klöppel) begrüßen. Foto: Ernst

1999-07-10

Der Widder bewacht die Kunst

Jürgen Knapp eröffnete gestern sein neues „Mehrzweckatelier"

Delmenhorst (ctr). „Fühlen Sie sich wie zu Hause", sagt Jürgen Knapp zu den Gästen der Eröffnung - das Angebot ist honorig, schließlich ist er es, der hier gerade für sich und seine Kunst ein neues Zuhause gebaut hat. Schon lange residiert der Bildhauer in einem alten, schönen Haus an der nördlichen Grenzen des Norwolle-Areals. Doch nun ist mit Unterstützung der Kommune und anderer Institutionen neben seinem Domizil ein großes Atelier entstanden, das zur Mehrzweckhalle für die Kunst werden soll.

Der 85 Quadratmeter große, zweigeschossige Arbeits- und Ausstellungsraum mit drei Nebenräumen soll zuallererst dem Künstler als Atelier dienen. Doch die großzügig geschnitte Halle ist mehr als ein reines Privatvergnügen. Jürgen Knapp möchte hier ein Zentrum für Bildhauerkunst einrichten, in dem Laien wie Profis ihr Interesse an der Gestaltung ausleben können.

„Selbermachen" ist das Zauberwort. Auch alte Handwerkstraditionen möchte Knapp wieder aufleben lassen und an die Ursprünge der Töpferkunst in Delmenhorst am Dwoberg vor 500 Jahren anknüpfen.

Da Knapp akademischer Bildhauer samt Eintragung in der Meisterrolle der Handwerkskammer ist, darf er auch Lehrlinge ausbilden. Die erste Elevin beginnt im neuen Atelier Anfang September ihre Lehrzeit. Auch als Galerie könne der Raum angemietet werden, so daß sich im Atelier am Pappelhof Kunst in allen Dimensionen begegnen kann. Und auch schlichte Besucher ohne eigenen Kreativitätsdrang sind in dem Haus willkommen, betont Knapp.

Hausnummern gibt es derzeit am Pappelhof noch nicht. Übersehen kann man das Atelier jedoch kaum. Denn über allem thront auf dem alten Torbogen nahe Jürgen Knapps Haus nach wie vor ein Widder aus Bronze.

"Weser Kurier"

Jürgen KnappEinen Teller zum Einzug aus der Hand seines Freundes und Einweihungsredners Christian-Michael Vollbach bekam gestern der Delmenhorster Künstler Jürgen Knapp (rechts). Foto: Ingo Möllers

1999-08-21

Japanischer Kunstbrand

khm Delmenhorst. Mit experimentellen Brandtechniken aus der japanischen Raku-Tradition feierte gestern die Bassumer Keramikerin Heidrun Kohnert als erste auswärtige Dozentin ihre Kurspremiere im kürzlich eröffneten Bildhauer-Atelier am Pappelhof. Bei 1050 Grad wurde der Brennofen geöffnet, die Kreationen der Kursteilnehmer mit langen Zangen entnommen und in einer Tonne mit Sägemehl einem Schmauchbrand ausgesetzt, der zu markanten Rissbildungen auf der Oberfläche und ungewöhnlichen Farbschattierungen führt. Die neue, auch architektonisch interessante Nordwolle-Attraktion bietet nicht nur dem im benachbarten Pförtnerhaus wohnenden Jürgen Knapp ein großzügiges Arbeitsdomizil. Interessenten, die künstlerisch arbeiten wollen, können jeden Freitag Nachmittag das Atelier selbstständig nutzen.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappGestern wurde vor dem Knapp-Atelier erstmals Keramik im offenen Feuer gebrandt. Foto: Kieselbach

1999-11-22

Dwoberger Schale ein Sammlerstück

khm Die Dwoberger Schale ist in limitierter Auflage ein echtes Sammlerstück, Sie eignet sich aber auch als origineller Wandschmuck, als Müsli oder Suppenschale, aber auch für besondere Anlässe, da sie Unikatcharakter besitzt. „Jeder Brand fällt anders aus. mal heller, mal dunkler", sagt Bildhauer Jürgen Knapp, der die Idee hatte. Die zweifach gebrandte Schale besitzt zudem eine schöne Glasur mit dem reizvollen Motiv der Vogels (Foto). Wer sich ein Exemplar sichern möchte, hat im Knapp-Atelier am Pappelhof (direkt am hinteren Widder-Tor zur Nordwolle) zur Zeit noch die freie Auswahl.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappFoto: Schilling

1999-11-30

Handgetöpferte Ware soll Delmenhorster Geschichte wieder aufleben lassen

Berühmte „Dwoberger Schale" repliziert

von Nicole Baumann

Etwa 100 Jahre nachdem der letzte Töpfer in Dwoberg sein Handwerk aufgab, wollen der Bildhauer Jürgen Knapp und die Kunsthistorikerin Christiane Braun das Dwoberger Kunsthandwerk wieder aufleben lassen. Sie fertigten in Zusammenarbeit mit der Töpferin Marianne Pippig und der Keramikerin Heidrun Kohnert eine Replik einer um 1800 entstandenen Schale des berühmten Delmenhorster Töpferzentrums an.

Am Montag im Rathaus stellten sie die replizierte "Dwoberger Schale" erstmals der Öffentlichkeit vor. Bei dieser angefertigten Ware, handelt es sich um eine der historischen Raffinesse entsprechende, handgetöpferte und -bemalte Keramik. Das Hauptmotiv der Malerei ist ein mit wenigen Strichen gearbeiteter, stilisierter Vogel auf dem Schalenboden. "Das Vogelmotiv war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sehr beliebt. Die Verzierungselemente lassen außerdem eine große Verwandtschaft zu dem damals berühmten Töpferzentrum in Wildeshausen erkennen", meint Christiane Braun. "Das lässt darauf schließen, dass die Dwoberger auch über den Tellerrand hinaus geschaut haben."

Die „Dwoberger Schale" ist in einer limitierten Auflage von 400 Stück für 98 Mark im Atelier Knapp auf der Nordwolle sowie im Stadtmuseum und beim Verkehrs verein erhältlich. „Die handgefertigte Replik soll ein Stück längst vergessener Delmenhorster Geschichte wieder in das Bewusstsein rücken. Unser Ziel ist es daher, jedes Jahr ein Objekt aus der Delmenhorster Töpferkunst anzufertigen", erzählt Jürgen Knapp.

"Delme Report"

Jürgen KnappAuch Oberbürgermeister Jürgrn Thölke befürwortet die Idee, dass Delmenhorster Kunsthandwerk wieder aufleben zu lassen. Foto: Konczak

1999-08-28

Ein Essen im Freien ...

ist zu herbstlichen Zeiten sicher nicht jedermanns Sache. Auf dem Wollegelände des Ateliers am Pappelhof von Jürgen Knapp (stehend rechts) am Rande der Nordwolle gehört es bei den Tages- und Wochenend-Kursen schon zum guten Ton. Der Bildhauer und seine Gäste mögen es rustikal und so wird eine Schubkarre samt Brett zum Tisch und zwei Steine zum Untergestell für ein leckeres Pfannengericht. Natürlich bedient der Chef selbst. Wer selbst-ständig und künstlerisch im Atelier auf dem Freigelände arbeiten möchte, kann dies übrigens jeden Freitag Nachmittag in der Zeit von 14 bis 18 Uhr tun. Bei Schwierigkeiten am Objekt steht Knapp mit Rat und Tat zur Verfügung.

"Delmenhorster Kreisblatt"

Jürgen KnappFoto: Kieselbach

1999-11-30

Geschichte aus Ton geformt

Jürgen Knapp erinnert an die Töpfertraditon des Dwobergs

Von unserem Redakteur Stephan Cartier

Delmenhorst. Ein Stück Heimatgeschichte zum anfassen, hinstellen oder befüllen. Nach ungefähr einem halben Jahr Vorbereitunsgzeit konnten der Delmenhorster Bildhauer Jürgen Knapp und ein dreiköpfiges Team um ihn. die „Dwoberger Schale" vorstellen, Die Replik eines historischen Vorbildes, das etwa um das Jahr 1800 herum in Gebrauch war, soll von der großen Tradition der Delmenhorster Töpferkunst zeugen. Nach einer erfolgreichen Premiere plant Knapp, jedes Jahr ein Stück aus dem Fundus der ehemaligen Dwoberger Werkstätten zu replizieren.

Oberbürgermeister Jürgen Thölke, der das Projekt gemeinsam mit seiner Vertreterin Anke von Wittke-Grothenn gestern im Rathaus vorstellte, sieht die Schale als guten Werbeträger für die Stadt. Ob jedoch die Haushaltsstelle „Präsente und Repräsentation" hoch genug für den Ankauf einiger Dwoberger Schalen sein werde, müsse sich noch zeigen, meinte Thölke. Immerhin kostet solch ein handgefertigtes Stück 98 Mark. Insgesamt wurden 400 hergestellt.

Es ist etwas mehr als 100 Jahre her, dass der letzte Töpfer in Delmenhorst seine Produktion einstellte. Nun, kurz vor der Jahrtausendwende, soll an das seit dem Mittelalter ansässige Kunsthandwerk erinnert werden. Genaue historische Daten hierüber seien schwer zu ermitteln gewesen, bekräftigt die Kunsthistorikerin Christiane Braun. Erst seit dem 16. Jahrhundert gibt es schriftliche Zeugnisse über die Töpfer am Dwoberg. Belegt sei allerdings schon früher die Rivalität zwischen Dwoberger und Wildeshauser Töpfern. Denn nur letztere hatten das Handelsrecht für den Bremer Markt, so dass sich die Delmenhorster Handwerker den Wettbewerbern in den Formen und Mustern ihrer Produkte anpassen mussten, um ihre Waren in der Hansestadt durch sie vertreiben zu lassen. Die nun neu aufgelegte Schale zeigt ein beliebtes Vogelmotiv mit Ornamenten.

Für Jürgen Knapp war diese bewegte Vergangen hei l allemal wert, sich intensiver mit der Materie zu befassen. Gemeinsam mit einer Keramikerin und einer Töpferin begann er zu experimentieren. Im Oldenburger Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Sand man das Vorbild einer Schüssel, die für den täglichen Gebrauch gedacht war. Bis Knapp und seine Mitstreiterinnen die richtge Mischung des Tons, der Glasur und der Brenntemperatur gefunden hatten, kostete es einige Scherben. Doch im Oktober waren alle „Zutaten" und Techniken erprobt. Um die Herstellung möglichst nahe an der Tradition zu halten, wurde sogar ein eigener Ofen in Hallstedt bei Bassum gebaut, in dem das Töpfergut zum zweiten Mal mit Holz gebrannt wurde. Bereits in Jürgen Knapps neuem "Atelier auf der Nordwolle" wurde die Produktion vorgebrannt, um den Ton zu festigen und auf die Glasur vorzubereiten. Insgesamt müsse man für eine Schale rund zwei bis drei Tage Herstellungszeit rechnen, sagt Jürgen Knapp. Nicht nur, aber auch deswegen ist die Schale im Verkauf nicht billig. Sie ist unter anderem im Stadtmuseum, dem Verkehrsverein und im Atelier von Jürgen Knapp erhältlich.

"Weser Kurier"

Jürgen KnappKunsthistorikerin Christiane Braun (zweite von links) und Jürgen Knapp (rechts) gehörten zum Team, das die Dwoberger Schale replizierte. Oberbürgermeister Jürgen Thölke und Stellvertreterin Anke von Wittke-Grothenn freuten Sich über den neuen Werbeträger für die Stadt. Foto: Ingo Möllers

1999-12-01

Delmenhorster Stadtgeschichte

Nachbildungen der "Dwoberger Schale" jetzt erhältlich

Delmenhorst (is) „Die Dwoberger Töpferkunst ist nicht unbekannt", sagt Kunsthistorikerin Christiane Braun. Jetzt steht das erste Sammelstück der historisch nachempfundenen Serie ''Dwoberger Ware'' zum Verkauf. Dabei handelt es sich um eine Schale mit Vogelmotiv, die eine Replik einer um 1800 entstandenen Schale des berühmten Delmenhorster Töpferzentrums ''Dwoberg'' ist. Das Original befindet sich im Besitz des Museums für Naturkunde und Vorgeschichte in Oldenburg.

Christiane Braun und Bild-hauer Jürgen Knapp überreichten Schale Nummer 33 an Oberbürgermeister Jürgen Thölke. Jede Schale ist ein Unikat. Die Auflage ist auf 400 Stück begrenzt. Die Töpferware ist nicht nur als Zierstück gedacht, sondern kann auch im Alltag genutzt werden.

Das Hauptmotiv ist ein mit wenigen Strichen gearbeiteter, stilisierter Vogel auf dem Schalenboden, dessen Bewegungsrichtung ganz in der hiesigen Tradition von rechts nach links erfolgt. Vögel waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein beliebtes Motiv in der gesamten Volkskunde.

Die historische Nachbildung ist aus der Zusammenarbeit der Kunsthistorikerin Christiane Braun, des Bildhauers Jürgen Knapp, der Töpferin Marianne Pipping und der Keramikerin Heidrun Kohnert entstanden. „Ich wollte ein Stück Delmenhorster Geschichte aufarbeiten", erzählt Knapp. Für das Brennen der Schalen hat er extra einen Holzofen gebaut. „Die Zeit von Sommer bis September war unsere Versuchsphase, im Oktober haben wir mit der Produktion begonnen." Jeder Arbeitsgang wurde mit der Hand gearbeitet, das Töpfern, das Bemalen und das Glasieren.

Die "Dwoberger Schale" ist im Stadtmuseum, beim Verkehrsverein und in Knapps Werkstatt erhältlich. Sie kostet 98 Mark.

"A1"

Jürgen KnappSchale Nummer 33 in den Händen der Stadt: Kunsthistorikerin Christiane Braun (zweite von links) und Bildhauer Jürgen Knapp (rechts) überreichen die "Dwoberger Schale" an Bürgermeisterin Anke von Wittke-Grothenn und Oberbürgermeister Jürgen Thölke. Foto: Lampe